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Archivalie des Monats August 2017: Kein zusätzlicher Zug am späten Abend

Schnell hat sie geantwortet, die Königliche Eisenbahndirektion, doch was der Gemeinde-Vorsteher Kruse in Fallingbostel am 28. März 1906 als Antwort auf seine Eingabe vom März gleichen Jahres erhielt, dürfte ihn nicht befriedigt haben: Dem Fahrplanwunsch der Gemeinde wurde nämlich nicht entsprochen.

Von der Königlichen Eisenbahndirektion wurde Gemeindevorsteher Kruse beschieden:„Dem Antrage, den Personenzug Nr. 490 Hannover ab 1040 abends von Schwarmstedt bis Soltau durchzuführen, können wir nicht entsprechen, weil ein ausreichendes Verkehrsbedürfnis für eine solche mit erheblichen Mehrkosten verbundene Zugvermehrung nicht vorliegt.
Zug 490 würde erst nachts gegen 1 œ Uhr in Soltau eintreffen, während der notwendige Gegenzug (Nr. 479 Schwarmstedt ab 509 ) nachts gegen 3 œ Uhr von Soltau abgehen müßte. Die Einführung des Nachtdienstes auf der Strecke Schwarmstedt-Soltau wäre also die notwendige Vorbedingung für diese Zugvermehrung. Bei der Lage der Züge in den Nachtstunden ist nicht anzunehmen, daß die entstehenden hohen Mehrkosten durch eine entsprechende Verkehrszunahme und ausreichende Benutzung der Züge auch nur annähernd gedeckt werden. Eine Benachrichtigung der beteiligten Kreise stellen wir ergebenst anheim.
Brandt"

Ablehnung des Antrages auf einen Zug am späten Abend (Gesamtdokument)



Erstaunlich ist, dass es 1906 schon eine Verbindung gab, die in Hannover um 22.40 Uhr abfuhr – wenn man so will, eine Art „Theaterzug". Allerdings waren die Fahrzeiten nicht mit heutigem Erixx-Tempo vergleichbar. Denn der laut „Streckenfahrplan Buchholz-Soltau-Hannover vom 1. Oktober 1905" um 5.09 Uhr aus Schwarmstedt abfahrende Frühzug Nr. 479, der Wagen bzw. Abteile der 2. bis 4. Klasse führte, erreichte Hannover erst um 6.37 Uhr, also nach 88 Minuten. Noch weitaus mehr Zeit musste aufbringen, wer von Soltau aus per Bahn reiste: Die erste Verbindung von Soltau aus nach Hannover war der Personenzug Nr. 481. Er fuhr um 7.12 Uhr von Soltau ab und traf nach 3 Stunden und 8 Minuten um 10.20 Uhr in Hannover ein. Uns mag das furchtbar lang erscheinen, vor 110 Jahren war das Dampfross – selbst auf dieser „Nebenbahn" – das schnellste Verkehrsmittel. Immerhin ließen sich an einem Tag dann in Hannover Angelegenheiten wie Besuche von Bekannten oder Konsultationen von Ärzten erledigen, für die in Zeiten der Postkutsche mindestens noch eine Übernachtung notwendig gewesen wäre!

Fahrplan Buchholz-Hannover 1905