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Archivalie des Monats Februar 2017: Dollarkurse in der Inflationszeit

Welch galoppierendes Ausmaß die Inflation Anfang der 1920er Jahre erreichte, verdeutlicht eine Episode, die mit dem Hausbau des Vizeadmirals Michelsen in Zusammenhang steht, der sich nach seiner Verabschiedung aus der Reichswehr am 20. Dezember 1920 mit seiner Frau in Fallingbostel niedergelassen hatte. Michelsen errichtete gegenüber der Schule in der damaligen Visselhöveder, heute nach ihm benannten Straße ein Haus. Als der Neubau bezugsfertig war, wurden Kohlen eingekellert - sie kosteten mehr als das ganze Haus!

Geldscheine mit astronomischen Wertangaben wurden gedruckt - doch waren sie oftmals nicht einmal das Papier wert, auf dem sie hergestellt waren. Die Rechnung des Vaterländischen Frauenvereins für das Jahr 1923 schloss mit einem gigantischen Überschuss von 125 Billionen Mark ab – ein Pfund Butter kostete im Dezember 1923 aber 2,8 Billionen Mark! Für den Rechnungsführer, Dr. med. Adolf Fricke, wurde es von Tag zu Tag schwieriger, Einnahmen und Ausgaben auszugleichen. „Dazu kam die Knappheit der Lebensmittel", stellte er im Rückblick auf diese für den Verein und sein Schwesternhaus sorgenvolle Periode fest.

Die Versorgung der zwölf alten Pfleglinge konnte nur aufrechterhalten werden, weil die Landwirte des Kirchspiels mit Naturalien halfen: „Nicht nur verpflichtete sich eine große Anzahl von ihnen zur wechselweisen regelmäßigen Lieferung von Butter, sondern sie fuhren uns, in oftmals hochbeladenen Wagen, auch Kartoffeln und Gemüse vor das Haus. Auch mit Milch, Fleisch, Wurst, Speck und Schinken füllten uns weite Kreise der Bevölkerung unsere Speisekammer." Glücklich konnte sich schätzen, wem auf diese Art und Weise durch die Inflation geholfen wurde.

Den „kleinen Mann" traf die Geldentwertung besonders hart. Aus Vaterlandsliebe hatte er Kriegsanleihen gezeichnet und Gold für Eisen gegeben – jetzt schmolzen seine letzten Spargroschen dahin. Der Dollarkurs erreichte astronomische Höhe.

Faltblatt der Sparkasse zu Fallingbostel mit allen Tageskursen des Dollars 1919-1923



Bei der Fallingbosteler Sparkasse waren für die 1. bis 9. Kriegsanleihe auf eigene Rechnung der Sparkasse 9133000 Mark und auf Rechnung der Sparer 5931000 Mark gezeichnet worden. Dennoch betrug der Einlagenbestand Ende 1918 noch 17400000 Mark. Dieser ansehnliche Betrag wurde durch die Inflation geradezu vernichtet: Er schrumpfte am Tage der Goldmarkeröffnungsbilanz am 31. Dezember 1923 auf ganze 541,55 Goldmark zusammen! Nach dem verlorenen Krieg forderten jetzt die völlige Verschuldung des Staates, die Besatzung, die Reparationszahlungen und die verfehlte Wirtschaftspolitik unnachgiebig ihren Preis. Erst die Einführung der Rentenmark, die vom 15. November 1923 an zum Kurs von 1 Rentenmark = 1 Billion Papiermark ausgegeben wurde, leitete eine wirtschaftliche Stabilisierung ein.