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Archivalie des Monats September 2016: Proteste gegen den Bau des Heidmark-Stadions

2016 kann nicht nur das 100-jährige Bestehen des SVE Bad Fallingbostel gefeiert werden, sondern es ist dann auch 65 Jahre her, dass es im Vorfeld des Baus des Heidmark-Stadions die vermutlich erste Unterschriftenaktion in Fallingbostel gab – und sogar der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages eingeschaltet wurde.

Der Architekt Kurt Bielefeldt hatte 1949/50 in seinem Kostenvoranschlag für den Bau einer Sportplatzanlage zwar ausgeführt: „Es soll hierfür ein Stück Kulturland schlechter Qualität, ein Stück Anflugwald und die Restfläche als Wald zur Verfügung gestellt werden", doch die Lage „an landschaftlich schöner Stelle" unmittelbar an sieben Hausgärten angrenzend, löste dann den Einspruch von elf Anliegern in der Straße Idinger Heide aus. Am 15. März 1951 wandten sie sich an die Stadtverwaltung. In Einzelschreiben zur Begründung ihres Einspruchs wollten sie wissen: „Warum dieses schöne Stück, welches in so unmittelbarer Nähe der Stadt liegt und dem Fremdenverkehr noch dienen kann und ausserdem warum in der Nähe von Wohnungen, deren Insassen der Ruhe bedürfen und eben diesen Platz erwählten?" Sie fragten: „Wäre es nicht besser im Interesse des Kurbetriebs einen Kurpark hier anzulegen?" Als Gründe wurden für den Protest aufgelistet: „1. Der ständige Lärm, 2. Die Gefahr der Verwüstung meines Gartens, 3. Die Gefahr der Zerwürfnisse, wenn der Ball Beschädigungen verursacht." Da der Sportplatz an dieser Stelle als „Quelle ständigen Ärgers und unliebsamer Zwischenfälle" erschien und festgestellt wurde „auch eine ev. Sicherung durch Drahtzaun etc. biete keine absolute Gewähr", wurde geraten: „Es gibt genug andere Plätze in der Umgebung der Stadt, wo Anlieger durch den Sportverkehr nicht gestört werden und wo Streitigkeiten wegen Gärten etc. vermieden werden können."

Plan des Sportplatzes in der Idinger Heide von Architekt Kurt Bielefeldt (1950)



Der Stadtrat beschloss trotz des Bürgerprotestes am 16. März 1951 einstimmig die Errichtung des Sportplatzes, denn der Platz war sehr bewusst gewählt worden. Die Stadt ging davon aus, dass die unmittelbare Nähe zum Ortszentrum auch dem Fremdenverkehr dienen könne. Gewichtiger noch aber war, den Sportplatz „den in der Nähe liegenden Schulen zugänglich zu machen, da […] der zur Verfügung stehende Schulhof für die sportliche Betätigung der Schulkinder viel zu klein ist." Dass auch der damalige Ersteller des Fallingbosteler Bebauungsplanes, Dipl.-Ing. Meffert (Hannover), seine Zustimmung zur Platzwahl gegeben hatte, dürfte es den Ratsherren erleichtert haben, für das Projekt zu votieren. Ja mehr

noch, die Stadträte beschlossen erneut einstimmig, "am Sonnabend, den 29. September 1951, in der Zeit von 16 - 18 Uhr sich auf dem Baugelände des neuen Sportplatzes zu versammeln, um geschlossen dem Sportverein Fallingbostel ihre Hilfe zur Verfügung zu stellen."

Die "Stadtväter" beim Arbeitseinsatz beim Bau des Sportplatzes Idinger Heide am 29. September 1951 (mit Namen der Ratsherren)



Die meisten der Anlieger schienen nun mit dem langsam im Entstehen befindlichen Sportplatz ihren Frieden gemacht zu haben. In den Akten der Stadtverwaltung schlägt sich nur noch der Widerstand eines Anwohners nieder. Im Oktober 1954 beschwerte er sich, dass bei Beginn der Bauarbeiten die Erde gegen die Zäune der Anwohner der Idinger Heide geschoben worden war: „In diesen 2 Jahren hat das Unkraut derartigen Umfang angenommen, dass deren Bekämpfung von einer Seite absolut nicht mehr möglich ist und den Drahtzaun in einer Höhe bis zu einem Meter restlos überwucherte. Selbstverständlich muss der Drahtzaun durch die ständige Feuchtigkeit verrosten. […] Heute muss ich Sie höflich bitten, unbedingt Sorge zu tragen, dass die Erdmassen und das Unkraut so schnell wie irgend möglich beseitigt werden. Es handelt sich bei meinem Drahtzaun um neuen Draht. Wenn schon Bauarbeiten auf dem Sportplatz in Angriff genommen werden, halte ich es für dringend angebracht erst die vorzunehmen, die Schaden dritter Personen vermeiden. Ich habe im letzten Sommer 4 mal die Quecken am Gartenzaun ausrotten müssen, nur weil die Sportplatzseite vernachlässigt wird." Es sollte dann allerdings noch bis Mitte Juni 1955 dauern, bis Bernhard Blecken, der 1. Vorsitzende des Sportvereins Fallingbostel, dem Stadtdirektor mitteilen konnte, „dass bei fünf Anliegern bereits der Draht freigeschaufelt ist". Auch beim Beschwerdeführer wurde man tätig, so dass sich dieser „sehr zufrieden" gezeigt haben soll.

Die Zufriedenheit währte allerdings nicht lange, denn schon im Dezember 1955 machte dieser Grundstücksbesitzer eine Eingabe beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages. Im März 1956 musste sich der Verwaltungsausschuss mit dieser Eingabe beschäftigen, die der Stadt als Pächterin des Grundstücks vom Petitionsausschuss zur weiteren Behandlung überwiesen worden war. Der Verwaltungsausschuss erklärte die Stadt jedoch als „Hauptpächter der Sportplatzanlage für befangen", so dass die Beschwerde dem Landkreis Fallingbostel zur Erledigung überreicht werden sollte. Das geschah auch, so dass sich in den Unterlagen der Stadt keine weiteren Hinweise auf den Inhalt und den Ausgang dieser Petition finden.

Stadt und SV Fallingbostel ließen sich von ihrem Vorhaben aber nicht abbringen. Öffentlichkeitswirksam wurde demonstriert, dass man an einem Strang zog. Als 1954 die „Neue Woche" über die Aktivitäten des SV Fallingbostel berichtete, wurde im Titel des Zeitungsartikels Bezug genommen auf den nun schon drei Jahre zurückliegenden Arbeitseinsatz der Stadträte. „Auch die Stadtväter schippen mit" hieß es da. Ertragreicher dürften allerdings die Eigenleistungen der Vereinsmitglieder selbst gewesen sein, die sich in den Jahren von 1951 bis 1956 auf 23.000 Mark summierten. Ohne dieses große Engagement, aber auch ohne das Einwerben von Spenden wäre es nicht möglich gewesen, ein Vorhaben zu realisieren, für das insgesamt 80.000 DM aufzuwenden waren. Was heute als kleine Summe erscheint, war damals ein stattlicher Betrag, der nur unter großen Schwierigkeiten aufgebracht werden konnte.

Die "Neue Woche" berichtet 1954 über die Aktivitäten des Sportvereins Fallingbostel



Das Heidmark-Stadion erhielt zwar nicht die auf den Plänen des Architekten Bielefeldt links unten noch vorgesehen Turnhalle mit Nebenräumen und Pappdach, aber dafür später ein Platzwarthaus. Auch durch verschiedene andere Maßnahmen wurde das Heidmark-Stadion stets den Erfordernissen der Zeit angepasst. Als dann zuerst für die Hermann-Löns-Schule in der Michelsenstraße und danach für das Schulzentrum in der Idinger Heide Sporthallen gebaut wurden und einige Jahre lang sogar die Heidmark-Halle für Sportveranstaltungen genutzt wurde, konnte das Sportangebot in der Kreisstadt erheblich ausgeweitet werden.