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Archivalie des Monats April 2019: Fallingbostels erste Kläranlage setzte vor sechs Jahrzehnten Maßstäbe

Zu den wichtigsten Infrastrukturmaßnahmen, die in der Nachkriegs­zeit in Fallingbostel durchgeführt wurden, gehört ohne Zweifel der Bau der Kläranlage, mit dem in den 1950er Jahren begonnen wurde. Die durch den Zuzug von Flüchtlingen und Vertriebenen erheblich gewachsene Bevölkerung, für die neuer Wohnraum geschaf­fen werden musste, ließen es nicht länger möglich erscheinen, sich mit Hausbrunnen und -klärgruben zu begnügen.

Mitte 1953 beauftragte der Stadtrat Prof. Dr. Kehr mit dem Entwurf einer zentralen Trinkwasserversorgung und einer Kanalisation. Der ursprünglich für die Verwirklichung dieser Maßnahmen gesetzte Zeitraum von gut einem Jahrzehnt musste aber verkürzt werden, als es Mitte der 1950er Jahre zur Ansiedlung der Firma Kraft kam.

 
 
 

Für das in großem Umfang Milch verarbeitende Werk war die vor­schriftsmäßige Behandlung der Abwässer unumgänglich. Zunächst erwog die Stadt, nur das erforderliche Kanalnetz zur Beseitigung der Kraft-Abwässer zu bauen und – um den Kreditbedarf möglichst niedrig zu halten – die Kanalisation der Stadt in dem ursprüng­lich ins Auge gefassten längeren Zeitraum abzuschließen. Das erwies sich aber als nicht praktikabel. Es wurde erforderlich, zugleich mit dem Zweigwerk von Kraft auch das gesamte Stadtge­biet zu kanalisieren, weil man das anfallende häusliche Abwasser zur einwandfreien Funktion der Kläranlage benötigte. Die aus­schließliche Reinigung von Molkereiabwässern hätte technische Probleme bereitet.

 
 
 

Bis zum Beginn des Jahres 1959 wurden 22 km Wasserleitung und 20 km Kanal – wobei die Regenwasserkanalisation noch nicht mit eingerechnet ist – mit 437 Kontrollschächten und mehreren Dükern durch die Böhme verlegt, die Pumpstation neben der Templinbrücke errichtet und der Bau der Kläranlage so weit vorangetrieben, dass sie im Oktober 1961 einschließlich einer biologischen Stufe endgültig fertiggestellt werden konnte.

 
 

Die Anlage verfügte über zwei große Emscherbrunnen, ein Schlamm­belebungsbecken, zwei Nachklärbecken und 20 Schlammtrockenbeete. Geprägt wurde die Kläranlage durch den hohen Faulturm mit dem Betriebsgebäude, den Nacheindicker, einem ebenfalls turmartigen Gebäude, sowie den Werkstatt- und Geräteschuppen. Als "einmalig in unserer näheren Heimat" und als "mustergültig" wurde die Fallingbosteler Be- und Entwässerung gelobt, deren Gesamtkosten bei 5,4 Millionen DM lagen. Die Kreisstadt sei damit in die Reihe der Gemeinden gerückt, "die den modernen hygienischen und technischen Erfordernissen der Be- und Entwässerung und den gesetzlichen Vorschriften entsprochen haben."