Archivalie des Monats August 2018: Wilhelm Asche dichtete und vertonte „Mein Fallingbostel"
Seit 1993 erklingen vom Glockenspiel am Rathausturm vier Melodien. Während jedoch „Üb immer Treu‘ und Redlichkeit“ (gespielt um 8:45 Uhr), „Die Gedanken sind frei“ (16:45 Uhr) und „Es dunkelt schon in der Heide“ (19:45 Uhr) vertraut sind, wissen nur wenige, dass das um 11:45 Uhr erklingende „Mein Fallingbostel“ von dem Tietlinger Wilhelm Asche (1882-1955) gedichtet und vertont wurde.
Der 1882 in Fallingbostel geborene Wilhelm Asche hatte nach dem Tod des Vaters zusammen mit seinem Bruder August die 1876 gegründete Landesproduktengroßhandlung Asche übernommen. Während sein Bruder sich um die kaufmännischen Belange kümmerte, widmete sich Wilhelm Asche der Pflanzenzucht. Auch wenn er sich als Saatzüchter einen bedeutenden Ruf erwarb, seine Liebe galt vor allem der Literatur und der Musik. In vielen Gedichten, die zum Teil auch von ihm selbst und anderen Komponisten wie Hans Dreyling oder Wilhelm Bein vertont wurden und von denen zwei auch auf Schallpatte herauskamen, aber auch in einer Reihe von humoristischen Erzählungen setzte er seiner heimatlichen Heidelandschaft ein Denkmal.
Ihm war aber nicht nur an seinem eigenen Werk gelegen, er verstand sich auch als Bewahrer des Dichter-Erbes der Heide und als Förderer der plattdeutschen Sprache. Nicht nur für das Löns-Denkmal im Tietlinger Wachholderhain, sondern auch für das Löns-Grab stellte er 1929 bzw. 1935 die erforderlichen Flächen zur Verfügung. Als Wilhelm Asche starb, wurde er auf dem Hilligenberg im Tietlinger Wacholderhain unweit des Löns-Grabes beigesetzt.
Wie eng sich Wilhelm Asche seinem Geburtsort Fallingbostel verbunden fühlte, lässt sich daran erkennen, dass er im April 1949 für die Festsitzung des Rates aus Anlass der Verleihung der Stadtrechte ein „Heimatlied“ komponierte. Fünf Jahre später veröffentlichte dann die Walsroder Zeitung eine weitere Liebeserklärung Wilhelm Asches an das Paradies der Heide:
Mein Fallingbostel
Schönes Fallingbostel, singe,
preise deine Lieblichkeit –
und in alle Herzen dringe
Ruhm vom Paradies der Heid!
Deine Heide, traumverloren,
hat wie eine Götterkraft,
dich zum Badeort erkoren,
der den Kranken Heilung schafft.
Deine lichten Waldeshöhen,
deine Lieth im Sonnenstrahl,
sind ein ewig Nievergehen –
in dem schönen Böhmetal!
Heimatstadt, dein lieblich Walten
Preise ich und weithin tön’s:
„Mög der Himmel dich erhalten,
Stadt am Grabe Hermann Löns!“
Auch dieses Gedicht hatte Wilhelm Asche selbst in Noten gesetzt.
- PDF-Datei: 1.3 MB
Allerdings gebietet die Gerechtigkeit, auch zu erwähnen, dass mit dem besitzanzeigenden „mein“ von Wilhelm Asche noch zwei andere Städte bedacht wurden: Hannover und Bad Pyrmont. In seinem Bändchen „Heideblüten. Eine Auslese neuer Gedichte“ heißt es über die Stadt an der Leine:
Mein Hannover!
Mein Hannover, dir allein,
Dir erklinge heut‘ mein Lied,
Wo im gold’nen Sonnenscheine
Deine Rathaus-Kuppel glüht.
Deines Maschsees Silberwellen
Tragen stolz die Segeljacht,
Und vor Herrenhausens Schwellen
Lockt der Blumen Zauberpracht.
Sei gegrüßt, du Eilenriede,
Schöne Waldeskönigin,
Ach, nach deinem tiefen Frieden
Zieht’s mich immer wieder hin.
Stadt der schönen edlen Frauen,
Reich an großer Männer Ruhm.
Hell in Niedersachsens Gauen
Strahl dein Geist, dein Heldentum.
Ruhm und Ehre soll dich krönen,
Wenn wir längst begraben sind.
Ruhm und Ehre deinen Söhnen
Bis zum jüngsten Enkelkind.
Zur Würdigung des „Wunderbades“ im Emmertal schuf Wilhelm Asche – ähnlich wie für „Mein Fallingbostel“ – auch die Vertonung:
Mein Bad Pyrmont
Tief im Tal der Weserberge,
An der Emmer grünem Strand,
Geht die Sage von dem Zwerge,
Der die Wunderquelle fand.
Und dort grüßen Waldesriesen,
Hohe Palmen hell umsonnt,
Schön im Grunde satter Wiesen
Mein geliebtes Bad Pyrmont.
Wie ein Gruß aus alten Zeiten
Ragt dein stolzes Schloß empor,
Süße Düfte weit verbreiten
Deiner Gärten Blumenflor.
Lieblich und voll Wohlgefallen
Tritt ein Traumbild vor mich hin,
Bist das Herrlichste von allen
Und der Bäder Königin.
Bad Pyrmont, dich müssen lieben
Alle Menschen, jung und alt,
Die durch dich gesund geblieben
Dank der Quellen Urgewalt.
Und ich rühm‘ dein edles Walten,
Grüße dich, du schöne Stadt,
Mög‘ der Himmel dich erhalten,
Vielbesuchtes Wunderbad.
Übrigens: Fallingbostels Stadtväter (Frauen gab es seinerzeit nicht im Rat) hätten sich diesem Lobgesang auf „der Bäder Königin“ sicherlich neidlos angeschlossen, wussten sie doch genau, dass man sich nicht mit Bad Pyrmont vergleichen könnte. So prägte Fallingbostels Bürgermeister Otto Homann Mitte der 1960er Jahre ganz bewusst das Wort von einem „Kurort im Grünen“, der nicht den Ehrgeiz hätte, ein kleines Bad Pyrmont zu werden. In Fallingbostel wurde damals ernstgenommen, was der Landschaftsarchitekt Kidery in einem Vortrag vor dem Verkehrsverein im Jahre 1956 eindringlich geraten hatte, nämlich nicht zu versuchen, es mondänen Badeorten gleichzutun. Kidery empfahl dagegen den Fallingbostelern: „Bleiben Sie weiter die kleine Stadt, dann werden Sie sich nicht nur etwas Gutes tun, sondern auch den Menschen dienen, die im Alltag der Großstadt ihre Nerven strapazieren.“ Wilhelm Asche hätte schlichtweg geraten, der Ort möge „Mein Fallingbostel“ bleiben.