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Archivalie des Monats Dezember 2014: Weihnachtliche Walsroder Straße

Anfang der 1950er Jahre entstand diese Aufnahme der Walsroder Straße. Stimmungsvoll geschmückte Schaufenster der kleinen Ladenzeile laden zum Bummeln ein. Verschwenderische Geschenke konnten sich so bald nach dem Krieg nur die wenigsten leisten. Aber träumen durfte schon, wer in die Auslagen der Geschäfte schaute…

Bis das „Wirtschaftswunder" auch die weihnachtlichen Gabentische erreichte, verging noch einige Zeit, nachdem dieses Foto der Walsroder Straße im Advent gemacht wurde. Einen Eindruck von der Situation in Fallingbostel, das durch Vertriebene, Flüchtlinge und Evakuierte aus den bombengeschädigten Großstädten seine Bevölkerung gegenüber der Vorkriegszeit fast verdoppelt hatte, vermittelt ein Bericht der „Walsroder Zeitung". Am 20. Dezember 1949 hieß es unter dem Titel „Den Resignierenden ein Beispiel…": „Wie ein riesiger Gabentisch mutete der weihnachtlich geschmückte Messesaal im ‚Amtshof‘ an, in dem 29 kriegsvertriebene Gewerbetreibende aus Fallingbostel und Oerbke ihre Waren ausgestellt hatten. Geschmackvoll angeordnet, boten die kleinen Stände den kauf- und schaulustigen Besuchern alles, was der Weihnachtsmann immer nur bescheren kann: Genußmittel und Leckereien aller Art, Textilien, Lederwaren, Uhren, Schmuck-, Haushaltsartikel, Radiogeräte, Möbel und vieles andere.

Nachdem Herr Langer, als 1. Vorsitzender der Aufbaugemeinschaft in Fallingbostel, die Vertreter der Behörden von Kreis und Stadt begrüßt hatte, sprach der Vorsitzende der Aufbaugemeinschaft, Sparkassendirektor a. D. Gossing, über den Sinn der Ausstellung. Er betonte, daß die Ausstellung nicht als Versuch einer Konkurrenz verstanden werden dürfe. Die Kriegsvertriebenen hätten nicht die Absicht, eine wirtschaftliche Insel in ihren neuen Heimaträumen zu bilden. Die Messe sei der Ausdruck des Existenz- und Leistungswillens der Heimatvertriebenen, die mittellos, aber energievoll an den Wiederaufbau einer Lebensgrundlage herangingen und so ihren heute noch resignierenden Schicksalsgenossen ein Beispiel und neuen Auftrieb geben. Daß auch Herr Leiditz, der Vertreter des Einzelhandels, der Eröffnungsfeier beiwohne, sei, so fuhr er fort, der Beweis für die ungetrübte kollegiale Verbundenheit der gewerbetreibenden Alt- und Neubürger. Mit einem Gang der Gäste durch die Ausstellungsräume nahm die Messe ihren Anfang."

Auch wenn dieser vor 65 Jahren geschriebene Zeitungsartikel versöhnlich geschrieben ist und von Aufbruchsstimmung kündet, unterschwellig lässt er erahnen, dass das Miteinander von Alt- und Neubürgern keineswegs konfliktfrei war. Konkurrenz wird mancher der alteingesessenen Betriebe schon gewittert haben, waren doch auch für ihn die Zeiten nicht leicht. Andererseits hatte mancher Inhaber einer neugegründeten Firma das Gefühl, als würde ihm der Neuaufbau einer Existenz nicht gerade leicht gemacht. Kollegiale Verbundenheit konnte sich so recht erst entwickeln, als die wirtschaftlichen Verhältnisse sich besserten und Nachfrage und Aufträge in erheblichem Umfang anstiegen.