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Archivalie des Monats Januar 2019: Eis und Schnee in Fallingbostel

Von einer weißen Weihnacht wird im Lied geträumt und in der Erinnerung bedeckte in allen Wintern der Kindheit tiefer Schnee die Landschaft. Statistisch gesehen kann das nicht stimmen. Die Wahrscheinlichkeit für weiße Weihnachten mit einer geschlossenen Schneedecke von mehr als 1 cm Dicke in Deutschland bei rund 12,5 Prozent, so dass statistisch gesehen nur alle 8 Jahre weiße Weihnachten erwartet werden dürfen. Und ein richtiger Winter hat auch seine Schattenseiten, wie ein Blick in Wilhelm Westermanns 1949/1952 erschiene „Orts-Chronik von Fallingbostel“ belegt.

Welch verheerende Folgen ein starker Winter haben kann, zeigt sich in Fallingbostel 1784. Wilhelm Westermann berichtet: „Und dieser Winter war bitter kalt. Die Böhme war schon seit Wochen vor Weihnachten zugefroren, als am 9. Januar, nachmittags 2 Uhr, eine große Feuersbrunst ausbrach, die größte, die im Ort je zu verzeichnen war. […] Bei den Strohdächern der Gebäude, dem starken Ostwind, der dick zugefrorenen Böhme konnte das Feuer rasend wüten und alles bis auf wenige Habe vernichten. Im Jahresrückblick sagte der damalige Pastor: ‚Auf der Böhme lag Eis eine Elle dick. Bei dem heftigen Ostwind verbreitete sich das Feuer von Freudenthals Hause, worin das Feuer ausbrach, bis Wittenbergs Hoff in einer halben Stunde. Gott sei gelobet, der dem Feuer allein wehrte und gnädigst verhütete, daß nicht alles durch die Flammen ergriffen und zerstört wurde. Durch sehr reiche Beihilfen unserer Nachbarn, besonders des Amtes Ahlden und Bergen sind die abgebrannten Armen drei Monate mit Brot und Lebensmitteln reichlich versorgt und dadurch deren Elend ohngemein verringert worden. Gott bewahre einen jeden für dergleichen Unglück und segne uns und unsere Wohltäter nach seiner Gnade und ewigen Liebe. Amen.‘ Die Kirche konnte gerettet werden, doch der Turm verbrannte. Der alte Bargfred hatte sein Dach eingebüßt. Das alte Schulhaus, das abbrannte, war über 100 Jahre alt.“

Eine Generation später hatte Fallingbostel vom Altjahrsabend [Silvester] 1813 bis zum 25. März 1814 eine so hohe Schneelage, „daß Schneereste noch im Mai in den Büschen lagen.“ 1868 wütete dann am Vormittag des 29. Dezember ein furchtbarer Sturm: „Danach setzt starker Schneefall ein. Der Schnee deckt Heu und Korn auf den Böden der vielen abgedeckten Häuser und Scheunen. Viele Bäume sind entwurzelt.“ Am 1. März 1886 liegt sehr hoher Schnee. Westermann hat in Erfahrung gebracht, dass die Schneepflüge schulterhohe Schneemauern aufwarfen und die Postbestellung nach den Dörfern und Einzelhöfen zu Pferd geschah. Auch der Winter 1888 brachten „hohen und bis in den März liegenden Schnee.“ Am 4. und 5. Januar 1915 verursachte eine schwere Schneelast großen Schneebruch in Wäldern und Gärten. An vielen Stellen rissen die Leistungsdrähte.

Für das Jahr 1940 verzeichnet Westermanns Chronik: „2. Januar. Der kalte Winter versteift sich, bis zum 23. Februar bleibt das Thermometer dauernd unter Null. Am 22. Februar sind 23° Kälte zu verzeichnen. 23. Februar. Tauwetter. Wildgänse sind fort, die Stare da.“ Noch härter war der Winter 1942. Westermann berichtet: „Heute ist der 8. März 1942. Das Thermometer zeigte gestern -17°an, heute 8°Kälte. Überall liegt hoher Schnee. Im Februar und Januar hatten wir zeitweise Kältegrade bis zu 24°. Pumpen, Wasserleitungen, Klosetts sind zugefroren. Seit Weihnachten dauert der Winter an. Und im Keller gehen die Kohlenvorräte zur Neige. 1. April. Endlich steht das Thermometer über dem Nullpunkt. Wasserleitungen sind noch zugefroren, im Wald liegt noch Schnee, Gräben und Teiche im Schatten haben noch dicke Eisschichten. Die Frostschäden an Kartoffeln in Mieten und vor allem am Roggen sind sehr stark, Roggen ist durchschnittlich bis 50 % ausgewintert, viele Saatfelder müssen umbestellt werden.“ Im Jahr darauf konnte man aufatmen. Unter dem Datum des 17. Januar 1943 hält Westermann fest: „17. Januar. Bisher äußerst milder Winter. Große Scharen Stare sind da, tummeln sich in Wiesen und Weiden.“

Westermanns Chronik endet 1945. Eintragungen über den Hungerwinter zwischen November 1946 und März 1947, der als strengster Winter des 20. Jahrhunderts im Nordseeraum gilt, und die Schneekatastrophe 1978/79, die ganz Norddeutschland im festen Griff hatte, finden sich bei ihm deshalb nicht mehr.

Aber der Winter hat auch seine idyllischen Seiten – deshalb erinnern wir uns ja so gern an ihn. Wie Schnee die Walsroder Straße zwischen dem Lieth-Hotel mit seiner Veranda und dem Geschäftshaus von Finke & Meckert verwandelt kann, hat Dr. Arthur Schultze-Naumburg 1961 fotografisch festgehalten.