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Archivalie des Monats Juli 2017: Wenn der Mickerts am Steuer saß…

1918 wurde im Werk Gaggenau von Benz & Cie. ein Feuerwehrgerätefahrzeug mit einer Feuerlöschpumpe gebaut, das 1957 der älteste, noch in Betrieb befindliche LKW der Bundesrepublik war. Doch weniger das bis zu seinem letzten Einsatz zuverlässige Fahrzeug, das dann an das Deutsche Feuerwehrmuseum in Fulda abgegeben wurde, soll uns interessieren, als vielmehr die Frage, ob auf seinen Fahrer Friedrich Mickerts auch in seinem Zivilberuf als Fahrer bei der Kreisverwaltung die Aussage von Stadtbrandmeister Georg Bühring zutraf: „Wenn der Mickerts am Steuer saß, dann heiß es für uns nur noch: Festhalten!"

Als Friedrich Mickerts nach 34 Dienstjahren als Kraftfahrer bei der Kreisverwaltung Fallingbostel mit Vollendung des 65. Lebensjahrs in Ruhestand trat, berichtete Rudolf Klessing am 4. Januar 1955 in der „Walsroder Zeitung", wie der „Seniorkraftfahrer" ein Leben lang hinter dem Lenkrad verbracht hatte. Aufschlussreich sind die Schilderungen, hatte Mickerts doch die Entwicklung des Kraftfahrzeugwesens fünf Jahrzehnte lang begleitet. Der geborene Schwabe Mickerts hatte 1904 bei Daimler-Benz in Untertürkheim eine Lehre als Motorenschlosser begonnen – damals noch ein seltener Beruf. Der Führerschein, den er bald darauf erwarb, war der 104., der bis dahin in ganz Württemberg ausgegeben worden war.

Rudolf Klessing schreibt dann: „Ein paar Jahre nach Beendigung seiner Lehrzeit wurde Friedrich Mickerts zum Militär eingezogen. Fachlich vorgebildet, kam er 1910 zur Versuchsabteilung nach Berlin. Von hier aus wurde er als Kraftfahrer zum Kriegsministerium abkommandiert; zu seinen Fahrgästen gehörten geschichtliche Persönlichkeiten wie Reichskanzler v. Bülow, Fürst Eulenburg, der Freund Wilhelm II., und General Falkenhayn. Nur der Kriegsminister selber war nicht zu bewegen, sich des ‚suspekten Vehikels‘ anzuvertrauen, er hielt es, solange es ging, lieber mit den Pferden.

Nach dem Kriege meldete sich Feldwebel Mickerts zum Freikorps, und als er die Uniform schließlich endgültig auszog, fand er bei Daimler-Benz in Berlin eine Anstellung.

Am 1. März 1921 kam Friedrich Mickerts in den Kreis Fallingbostel, und zwar als technischer Begleiter, als Monteur und Fahrer des ersten Mercedes, der bei der Kreisverwaltung gefahren wurde. Dieser Wagen war zu der Zeit das zweite ‚Automobil‘, das in Fallingbostel lief. Im ganzen Kreisgebiet gab es damals kaum mehr als ein halbes Dutzend Kraftwagen. In den 34 Jahren, die seitdem vergangen sind, fuhr er die Landräte Rottberg, Piesbergen, Backhaus und Dr. Neddenriep; er legte im Dienst des Kreises weit über vier Millionen Kilometer (!) zurück und kennt nahezu jeden Chausseebaum im Kreise. Er fuhr die ganze Zeit ohne einen Unfall und trägt auch die Anstecknadel für 45jähriges unfallfreies Fahren. Eine besondere Ehrung wurde ihm durch die Verleihung des Titels ‚Fahrkapitän‘ zuteil, mit dem der Verband deutscher Berufskraftfahrer bisher nur drei Kraftfahrer ausgezeichnet hat."

Es ist auszuschließen, dass Landrat und Oberkreisdirektor sich festhalten mussten, wenn Friedrich Mickerts am Steuer saß. Aber diese Dienstfahrten waren natürlich auch etwas anderes, als wenn es für den Fahrer bei der Feuerwehr darum ging, so schnell wie möglich an den Einsatzort zu gelangen.