Archivalie des Monats März 2016: „Melonen wird nich köfft" – Kaufmann Karl Niemann wirbt auf Platt
Wo große Filialunternehmen erhebliche Summen für landesweit durchgezogene, von Fachleuten gestaltete Werbekampagnen aufwenden, setzten lokale Anbieter manchmal durchaus mit Erfolg auf Pep und Pfiffigkeit. Der 1935 verstorbene Fallingbosteler Kaufmann Karl Niemann verstand das bestens. Mit plattdeutschen Versen auf seinen Zigarrentüten wies er auf seinen Warenbestand hin.
Wilhelm Westermann hat im 1949 erschienenen ersten Band seiner „Orts-Chronik von Fallingbostel" überliefert, wie Karl Niemann auf witzige Art für sein Geschäft in der damaligen Celler Straße, der heutigen Vogteistraße, Reklame machte:
Hier ist to hewwen allerhand,
Good un billig wie bekannt.
Beer un Snaps un säuten Wien,
Echten Gilka ut Berlin.
Suern Essig, starken Rum,
Kognak un Petroleum,
Spanschen Bittern, Passe-Partout,
Alles bei mir findest Du!
Ok de Öwelkeitsverdriewer,
Hofmannsdruppen för die Wiewer.
Zigarren, de all tiemlich old,
Rok- und Snuftabak un Sold.
Priem is dünnen dor un dicken,
Ok för de Kinner wat to licken.
Zucker as ‘n Steen so hart,
Hering, Ries un Pudelswart,
Bottersemmel, Stäwelwichs,
Gäle Knöp to Rock un Büx,
Lorbeerbläder, Hak un Ös,
Lampendocht un schönen Kees,
Iesern Nagel lang un kort,
Gröne Seep, ok son ton Boart,
Wagensmär un grot Rosinen,
Zuckerkanneel för de Bienen,
Muskatblom un Schörtenband,
Bliestift rund un ok gekannt.
All, wat sonst noch hört ton Schriewen,
Mähl ton Koken un ton Kliewen,
Twieern is swarten, witt un grau,
Striekholt, Licht un Kugelblau,
Zichorien lütt un grode Päck,
Anis, Kümmel, Pietschenstöck,
Discherliem un Kaffeebohnen,
Is all hier, blot keen Melonen,
Dorin stickt hier keen Geschäft,
De Dinger warden hier nicht köfft.
Diese reichhaltige Auswahl wussten die Fallingbosteler zu schätzen. Auf Melonen verzichten zu müssen, dürfte ihnen nicht schwer gefallen sein – zumal Karl Niemann, worauf er in seiner plattdeutschen Reimerei nicht eingeht – auch noch anderes anbot. In einer Anzeige, die sich in der vermutlich um 1925 erschienenen Broschüre des „Vereins zur Hebung des Fremdenverkehrs" über „Fallingbostel und seine Umgebung. Mit einer Tourenkarte" findet, empfahl er sich darüber hinaus nicht nur als Händler von Kohlen und echten Heidevasen, sondern wies auch darauf hin, dass er Vertreter der Karlsruher Lebensversicherung und der Feuerversicherung Aachen und München war. Heute würden wir sagen, Karl Niemann bot seinen Kundinnen und Kunden ein Rundum-Sorglos-Paket.