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Archivalie des Monats Mai 2019: Fallingbostel erhielt 1949 die Stadtrechte

Edgar Ernst Reimerdes mochte in einem 1907 vom Berliner Tageblatt veröffentlichten Bericht von der "kleinen Kreishauptstadt" Fallingbostel sprechen, andere Reiseführer taten besser daran, von einem Kirchdorf zu reden, in dem seit alters die Verwaltung des Amtes beziehungsweise Kreises ansässig war. Denn die Stadtrechte hat Fallingbostel, obzwar seit Ende des 13. Jahrhunderts ununterbrochen Verwaltungssitz, erst 1949 erhalten.

Auf diese lange Tradition verwies der Fallingbosteler Gemeinderat in seinem am 17. August 1948 an das Staatsministerium des Innern in Hannover gerichteten Antrag. Es wurde herausgestellt, dass Fallingbostel durchaus städtischen Charakter besaß: „Die Kreisverwaltung, die Hannover-Braunschweigische Stromversorgungs-Aktiengesellschaft, das Katasteramt, eine Revierförsterei sowie die Hauptzweigstellen der Kreissparkasse und der Volksbank haben ihren Sitz in Fallingbostel. Allwöchentlich findet ein gut besuchter Wochenmarkt statt. 5 praktische Ärzte und Zahnärzte bezw. Dentisten sorgen für die Gesundheit der Bevölkerung. Apotheke, Mütterheim, Jugendherberge, modernes Lichtspieltheater, Volkshochschule und Kindergarten beherbergt Fallingbostel ebenfalls in seinen Mauern. Neben einer Volksschule besitzt Fallingbostel seit 1946 auch eine Mittelschule. (...) Als einer der wenigen Orte in der Lüneburger Heide besitzt Fallingbostel seit dem Jahre 1909 eine eigene Gasanstalt (...).“

 

 

Fallingbostels Einwohnerzahl war durch den Flüchtlings- und Vertriebenenstrom von 2351 im Jahre 1936 auf 4682 im Jahre 1948 gestiegen. Ein weiteres Wachstum war zu erwarten, so dass auch die Bevölkerungsentwicklung dafür sprach, Fallingbostel das Stadtrecht zu verleihen. Zudem hatte sich die Gemeinde schon am 16. April 1947 einstimmig für die Zusammenlegung mit dem be- und unbebauten Gelände des Truppenübungsplatzes der alten politischen Gemeinde Oerbke und der Ortschaft Pröbsten ausgesprochen. Diese von der Bezirksregierung angeregte Eingemeindung der sogenannten „Toten Stadt" hätte eine lebhafte Aufwärtsentwicklung Fallingbostels zur Folge gehabt. In dem Antrag auf Verleihung der Stadtrechte hieß es in diesem Sinne: „Tausende von Heimatlosen würden dann eine neue Heimat finden und zahlreiche kleine Industrien, die dort ebenfalls untergebracht werden könnten, würden Arbeitsmöglichkeiten bieten. Fallingbostel bekäme dadurch einen ungeahnten wirtschaftlichen Aufschwung."

 

 

Zu dieser Eingemeindung kam es jedoch nicht. Auch ohne sie war die kulturelle, wirtschaftliche und politische Entwicklung Fallingbostels beeindruckend genug, um die Verleihung des Stadtrechts zu rechtfertigen. Von allen mit dieser Frage beschäftigten Stellen wurde der Fallingbosteler Antrag befürwortet. Zusammenfassend hieß es in einem Vermerk des Innenministeriums vom März 1949: „Gegen den Antrag bestehen keine Bedenken, da die Gemeinde Fallingbostel nach Struktur, Siedlungsform, Gebietsumfang und Einwohnerzahl (zur Zeit etwa 4700 Einwohner) tatsächlich Stadtgepräge hat. Auch sind die für eine Stadt erforderlichen sozialen Einrichtungen vorhanden. Es ist ferner auch zu berücksichtigen, daß Fallingbostel Sitz der Kreisverwaltung des Landkreises Fallingbostel ist. Das Niedersächsische Amt für Landesplanung und Statistik in Hannover befürwortet ebenfalls den Antrag, da die gewünschte Belebung Fallingbostels durch Erhebung zur Stadt nur gefördert wird. Die Entscheidung wird nach Ansicht der Landesplanung noch dadurch erleichtert, daß die für die Erhebung einer Gemeinde zur Stadt notwendigen Vorbedingungen gegeben sind."

 

 

Zum 1. April 1949 wurden Fallingbostel die Stadtrechte verliehen. Die Übergabe der Stadtrechtsurkunde konnte allerdings erst am 13. April in Form einer feierlichen Ratssitzung im Kinosaal des Hotels zum Böhmetal erfolgen. Der Urkundentext war, wie es einem Verwaltungsakt gebührt, recht nüchtern formuliert: „Auf Grund des § 9 der Neuen Deutschen Gemeindeordnung in Verbindung mit der Verordnung Nr. 57 der Militärregierung und meinem Erlaß vom 16. Januar 1948 - III/1 Nr. 3804/47 und 86/48 - verleihe ich hiermit der Gemeinde Fallingbostel, Landkreis Fallingbostel, die Bezeichnung Stadt mit Wirkung vom 1. 4. 1949. Hannover, den 18. März 1949. Der Niedersächsische Minister des Innern. Borowski.“

 

 

Am schlichten Text der Urkunde störten sich die Festredner jedoch nicht. Sie wussten, Fallingbostel ins rechte Licht zu rücken und die Bedeutsamkeit der Stadtrechtsverleihung hervorzuheben. Landrat Dr. Neddenriep verwies in der Feierstunde darauf, dass es in der annähernd 1000-jährigen Geschichte der Stadt weder Kriegsnot noch Feuerbrunst vermocht hätten, den Lebenswillen des Ortes zu zerbrechen. Bürgermeister Nülle machte mit seinen Ausführungen deutlich, wie sich Fallingbostel aus einigen wenigen Bauernhöfen zu einem idyllisch gelegenen kleinen Landstädtchen entwickelt hatte. Er schloss mit den Worten: „Dass diese Entwicklung auch unter dem Stadtrecht andauern und Fallingbostel weiter an Bedeutung zunehmen möge, ist wohl unser aller Wunsch. Möge Fallingbostel aber bleiben, was es immer war, das Paradies der Heide!"