Inhalt

Archivalie des Monats Oktober 2018: Fallingbosteler Laienschauspieler führen 1953 das Stück „Die Mühle von Sanssouci"auf

Die Legende von der Auseinandersetzung zwischen Friedrich II. und dem Müller von Sanssousi wird gern erzählt, um den Gerechtigkeitssinn der Alten Fritz zu unterstreichen und zu belegen, dass „Der Geist von Potsdam“ keineswegs nur militaristisch geprägt war. Der bekannte Stoff wurde 1953 von Fallingbosteler Laienschauspielern im Saal des Lieth-Hotels in einer prächtig ausgestatteten Aufführung dargeboten.

In der Wiedergabe des Historikers Franz Kugler von 1856 besagt die Legende, dass sich Friedrich II. an der 1737 und 1739 auf dem „Wüsten Berg“ des Bornstedter Höhenzugs errichteten Bockwindmühle störte, da er den 1745 verfügten Bau des Sommerschlosses Sanssouci nur wenige Meter östlich der Mühle verwirklichen wollte. In anderen Erzählungen nahm der König Anstoß an dem Geklapper der Mühlenflügel. Als Friedrich II. den Müller zu sich kommen ließ, um ihm die Mühle abzukaufen, lehnte dieser alle Angebote ab. Daraufhin soll ihn der König ermahnt haben: „Weiß Er wohl […] daß ich Ihm seine Mühle nehmen kann, ohne einen Groschen dafür zu geben?“ Worauf der Müller erwiderte: „Ja, Ew. Majestät […] wenn das Kammergericht in Berlin nicht wäre!“ Gesetz und Recht behaupteten sich hier gegenüber der – so legt es die Legende nahe – in anderen Territorien anzutreffenden Herrscherwillkür.

 

Die Legende erfreute (und erfreut sich nach wie vor) großer Beliebtheit. Seit mehr als 250 Jahren lieferte sie den Stoff für Erzählungen, Theaterstücke, Opern und Filme. Kein Wunder, dass Oberst a. D. Erwin Maifarth, der im September 1851 maßgeblich an der Gründung der Ortsgruppe Fallingbostel im Verband deutscher Soldaten beteiligt war, gerade dieses Thema auswählte, um es mit Laienschauspielern aus Fallingbostel auf die Bühne zu bringen.

 

Die Fotos von der Aufführung im Saal des Lieth-Hotels belegen, wie prunkvoll die Kostüme waren. Auch das Bühnenbild konnte sich sehen lassen. Und über allem schwebte das Bild von Friedrich dem Großen…

 

In jener Zeit, in der das Fernsehen noch in den Kinderschuhen steckte und sich nur wenige Begüterte einen Fernsehapparat leisten konnten – für die 1.000 DM, die anfangs ein Fernseher kostete, hätte ein Arbeiter bei einem Durchschnittsbruttoverdienst von knapp 400 DM zweieinhalb Monate arbeiten müssen –, war Theater noch ein Massenphänomen. Schließlich konnte sich fast jeder eine Eintrittskarte für die Theateraufführung im Lieth-Hotel leisten. Und so trägt die Eintrittskarte, die in der Festschrift „125 Jahre Fahnenweihe – 50 Jahre Verband Deutscher Soldaten – 2. September 2001“ abgebildet ist, immerhin schon die Nummer 4823!

 

Die Aufführung des historischen Lustspiels war ein großer Erfolg für die gesamte Truppe. Oberst a. D. Maifarth, der im Anschluss an die Aufführung mit dem Beitrag „Der Geist von Potsdam“ angekündigt wird, dürfte es nicht minder wichtig gewesen sein, damit auch zur Rehabilitation der gerade von den Alliierten nach 1945 argwöhnisch beäugten preußischen Tugenden beigetragen zu haben. Diese Absicht kam auch in der „Sonderveranstaltung“ am 14. September 1953 zum Ausdruck, über die die Walsroder Zeitung unter der Überschrift „Fallingbostel ehrte einen großen Soldaten“ berichtete. Der einstige Oberbefehlshaber „West“, Generalfeldmarschall Kesselring, besuchte damals Fallingbostel. Nach einer Feierstunde im „Hof der Heidmark“ wartete abends im Saal des Hotels zur Lieth auf Kesselring zunächst ein mit dem Marsch „Alte Kameraden“ eröffnetes Militärkonzert, dem sich die „Festaufführung“ der „Mühle von Sanssouci“ anschloss. Der Abend klang dann mit einem kameradschaftlichen Beisammensein aus.