Archivalie des Monats April 2024: Zwei Städte wünschen ein Hallenbad - Ein Geographiebuch befasst sich vor 45 Jahren mit der Konkurrenz zwischen Walsrode und Fallingbostel
„Hallenbad – eine kommunale Großtat Fallingbostels“, so lautete am 21. Februar 1970 der Titel des mehrseitigen Artikels der „Walsroder Zeitung“ über die Einweihung des neuen Hallenbads in Fallingbostel. Voller Begeisterung wurde darüber berichtet, wie die Kreisstadt „mit der Verwirklichung dieses kühnen Vorhabens […] über sich selbst hinaus gewachsen sei.“ Neun Jahre hob ein Geographiebuch für die 9. und 10. Klassen andere Aspekte hervor, betrachtete es doch „Zwei Kommunen wünschen sich ein Hallenbad“.
Wie es die „Walsroder Zeitung“ tat, lässt sich ein Hallenbadneubau unter den Gesichtspunkten der Gesunderhaltung der Bevölkerung, der Ausweitung des Sportangebots und der Stärkung des Fremdenverkehrs in einem Kneipp-Kurort betrachten. Dann erscheint ein solcher Neubau fast zwingend zu sein (wenn die Kommune denn über die erforderlichen Finanzmittel verfügt, die in jener Zeit Fallingbostel vor allem durch die Ansiedlung der Firma Kraft zuflossen). Denn natürlich will sich eine Stadt, wie es Bürgermeister Otto Homann ausführte, „den neuzeitlichen Erfordernissen entsprechend weiterentwickeln“.
Bürgermeister Homann beansprucht damit für Fallingbostel, in seinen Lebens- und Wohnqualitäten nicht von der allgemeinen Entwicklung abgeschnitten zu sein. Letztlich geht es also darum, die unterschiedlichen Lebensbedingungen zwischen Stadt und Land so weit wie möglich auszugleichen.
Das Unterrichtsbuch „Terra Geographie 9/10“ geht auf den Stadt-Land-Konflikt gleich in den ersten Sätzen ein: „Die Bundesrepublik Deutschland ist eines der höchstentwickelten Länder der Erde. Und doch gibt es auch bei uns Entwicklungsprobleme. Denke nur an die unterschiedlichen Lebensbedingungen in Stadt und Land. In manchen Gebieten gibt es weder eine Apotheke noch eine Turnhalle. Nach dem Grundgesetz aber darf niemand benachteiligt werden. Damit ist den Landesplanern eine schwierige Aufgabe zugewiesen. Ist die Aufgabe überhaupt lösbar?“
Es wird dann in den folgenden Abschnitten dargelegt, wie das „System der zentralen Orte“ mit einer klaren Zuschreibung der Kompetenzen für Unter-, Mittel- und Oberzentren Entwicklungslinien vorgibt. Allerdings stoßen die Vorgaben der Planungsbehörden nicht immer auf lokale Zustimmung. Gewachsene historische Entwicklungen, vorhandene Gegebenheiten, die für bestimmte Projekte Voraussetzung sind, aber auch das lokale Selbstverständnis können Planungen am grünen Tisch zuwiderlaufen.
Ein konkretes Beispiel wird in dem Abschnitt „Zwei Städte wünschen ein Hallenbad“ exemplarisch angeführt. Es geht dabei nach der damaligen Einstufung der Landesplanung um Walsrode als Mittelzentrum und Fallingbostel als Unterzentrum mit einzelnen Aufgaben eines Mittelzentrums. Die Schülerinnen und Schüler sollen in Gruppenarbeit nachvollziehen, wie ein solcher Prozess ablaufen kann und welche Bedeutung der Ausgang des Streites für die weitere Entwicklung der betroffenen Orte haben kann.
Wie im konkreten Fall der Wunsch zweier Städte nach einem Hallenbad ausging, wird am Schluss zusammengefasst: „Im Endergebnis wurden in Walsrode und in Fallingbostel Hallenbäder gebaut, allerdings nur Kleinschwimmhallen mit den Beckengrößen 10 m x 25 m. Die Zeitung schrieb über das Walsroder Bad: „Kein Hallenbad der Superlative.“ Auch Fallingbostel hat seine Schwierigkeiten. Man braucht einen weiten Einzugsbereich, denn Walsrode zieht viele Gäste ab. Die Einwohner im zentralen Teil des Kreises Fallingbostel aber sind weit und breit am besten mit Hallenbädern versorgt. In dieser Auseinandersetzung gab keiner nach. Und so wird der Konkurrenzkampf zwischen Walsrode und Fallingbostel um die höhere Zentralität weitergehen.“ So die Prophezeiung der Verfasser des Geographiebuch vor 45 Jahren.