Was ist ein Bürgerentscheid und worum geht es dabei?
Was ist ein Bürgerentscheid?
Der Bürgerentscheid ist ein Instrument der direkten Demokratie. Beim Bürgerentscheid dürfen die Bürger*innen an Stelle des Kreistages entscheiden. Der hatte im Juni mit der großen Mehrheit von 38 Ja-Stimmen bei 9 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen die Gesellschafterversammlung der Heidekreis-Klinikum GmbH angewiesen, auf Basis der Gutachtervorschläge als Standort für die Planung eines Krankenhaus-Neubaus in zentraler Lage den Suchbereich F 4 in Bad Fallingbostel vorzusehen. Mit dem Bürgerentscheid wollen seine Initiatoren diesen Kreistagsbeschluss aufheben.
Wie lautet die Frage?
Beim Bürgerentscheid muss die Frage so gestellt sein, dass sie mit „JA“ oder „NEIN“ beantwortet werden kann. Die Initiatoren haben dies in folgender Weise getan: „Sind Sie dafür, die Vertreterinnen und Vertreter in der Gesellschafterversammlung der Heidekreis-Klinikum GmbH (HKK) anzuweisen, einen Beschluss dahingehend zu fassen, dass in Abänderung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 26.06.2020 als Standort für die Planung eines Krankenhaus-Neubaus ein Suchbereich bei Dorfmark vorzusehen ist?“
Weshalb ist die Frage so kompliziert formuliert?
Bei einem Bürgerentscheid, der etwas auf den Weg bringen soll, mit dem sich die Räte oder der Kreistag noch nicht beschäftigt haben, ist die Wirkung von „JA“ oder „NEIN“ schnell verständlich. Nehmen wir als Beispiel die Frage: „Sind Sie dafür, dass vom Landkreis zusätzliche Heideflächen angelegt werden?“. Wenn „JA“ die Mehrheit hat, wird es zusätzliche Heideflächen geben, wenn „NEIN“ überwiegt, wird dies neue Projekt nicht angegangen.
Beim jetzigen Bürgerentscheid geht es aber um die Aufhebung eines Kreistagsbeschlusses, an dessen Stelle etwas anderes gesetzt werden soll. In der Frage muss deshalb deutlich gemacht werden, was konkret an die Stelle des bisherigen Beschlusses treten soll. Das führt dazu, dass diejenigen, die für den neuen Beschluss sind, mit „JA“ stimmen müssen, während die, die die Beibehaltung und Umsetzung des alten Beschlusses wollen, ihr Kreuz bei „NEIN“ machen müssen.
Das hat zu der komplizierten Fragestellung geführt. Auf den ersten Blick könnte man denken, dass es nur möglich ist, für einen etwaigen Standort Dorfmark zu stimmen, aber keine Stimme für den Standort F4 in Bad Fallingbostel abgegeben werden kann. Man muss aber immer vor Augen haben, dass der Beschluss vom 26.06.2020, der jetzt geändert werden soll, für den Krankenhausneubau in Bad Fallingbostel war. Wenn dies so bleiben soll, dann muss beim Bürgerentscheid mit „NEIN“ gestimmt werden. Nur dann ändert sich an der bestehenden Beschlusslage nichts, und die Planungen am Standort F4 können weiter fortgesetzt werden. So eigenartig es klingt, aber wer dafür ist, muss beim Bürgerentscheid mit „NEIN“ stimmen!
Wie sieht der Stimmzettel aus?
Die Frage auf dem Stimmzettel wurde genauso übernommen, wie sie die Initiatoren formuliert hatten. Da bei einem Bürgerentscheid eine Frage nur mit „JA“ oder „NEIN“ beantwortet werden kann, sind auf dem Stimmzettel entsprechende Felder zum Ankreuzen vorgesehen.
Wer kann am Bürgerentscheid teilnehmen?
Abstimmungsberechtigt sind Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes oder Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, die mindestens 16 Jahre alt sind und ihren Wohnsitz seit mindestens drei Monaten im Landkreis Heidekreis haben.
Kann ich auch Briefabstimmung machen?
Ja. Alle Abstimmungsberechtigten werden schriftlich benachrichtigt. Auf den Benachrichtigungskarten wird erklärt, wie die Briefabstimmung möglich ist. Sie können aber auch einfach die Seite Online-Stimmschein und Briefabstimmung aufrufen, um die erforderlichen Informationen zu erhalten.
Kann ich einen Stimmschein auch online beantragen?
Ja. Rufen Sie einfach die Seite Online-Stimmschein und Briefabstimmung auf.
Kann ich als Einwohner*in von Bad Fallingbostel auch schon vorher im Rathaus abstimmen?
Ja, auch das ist möglich. Rufen Sie einfach die Seite Online-Stimmschein und Briefabstimmung auf, um weitere Informationen zu erhalten
Muss ich den Personalausweis zur Abstimmung mitbringen?
Ja, denn die Abstimmungsvorstände können natürlich nicht alle Abstimmungsberechtigten selbst kennen. Deshalb muss der Personalausweis zur Hand sein.
Wann ist der Bürgerentscheid angenommen?
Im Gesetz wird dafür der Ausdruck „verbindlich“ verwendet. Damit der Bürgerentscheid verbindlich ist, muss die Mehrheit der gültigen Stimmen auf „Ja“ lauten. Wichtig ist, dass das Gesetz noch etwas Zusätzliches verlangt: Diese Mehrheit muss mindesten 20 Prozent der Wahlberechtigten bei der letzten Kreiswahl 2016 betragen. In unserem Fall sind das 22.989 Stimmen, die im gesamten Landkreis auf „Ja“ lauten müssen.
Was passiert, wenn der Bürgerentscheid angenommen ist und verbindlich wird?
Wenn am 18. April die Mehrheit mit „Ja“ gestimmt hat und auch die erforderlichen 22.989 Ja-Stimmen vorliegen, wird der Bürgerentscheid verbindlich. Er ist dann für zwei Jahre „geschützt“. Er kann während dieser zwei Jahre nur durch einen diesmal vom Kreistag angestoßenen weiteren Bürgerentscheid abgeändert oder aufgehoben werden.
Wird dann das neue Krankenhaus in Dorfmark gebaut?
N E I N ! Denn was die Initiatoren fordern, lässt sich nicht umsetzen. Allein schon die beiden Gesichtspunkte der Bauleitplanung und der Finanzierung machen es unmöglich, ein Krankenhaus in Dorfmark zu bauen – ganz abgesehen davon, dass die bisherigen Planungen nicht einfach auf einen anderen Standort übertragen werden können. Für einen neuen Standort müsste mit allem wieder ganz von vorn begonnen werden.
Die Gutachten haben herausgearbeitet, dass der ideale Standort, der alle Kriterien (Erreichbarkeit, kurze Fahrzeiten für Rettungsdienste, großes Einzugsgebiet, Ausbaureserven) in sich bündelt, der Standort F4 in Bad Fallingbostel ist. Hier bestehen auch ökonomisch die größten Chancen, dass sich der derzeit anhaltend hohe jährliche Zuschussbedarf des Heidekreis-Klinikums durch die vorgenannten Effekte ca. zwei Jahre nach Umzug vermeiden lassen werden. Erst mit Abstand folgen auf dem zweiten Platz der Standort W1 in Walsrode, als dritter der Standort D4 in Dorfmark und am Schluss dann der Standort S7 in Soltau.
Da es im Bad Fallingbosteler Stadtgebiet mit F4 den am besten geeigneten Standort gibt, ist es raumordnerisch nicht möglich, sich dann einfach über die Gutachten, die sehr viele Aspekte untersucht haben, hinwegzusetzen, und nur nach dem Gesichtspunkt „Mitte des Heidekreises“ an insgesamt weitaus weniger geeigneter Stelle ein Krankenhaus zu bauen. Vor diesen Tatsachen verschließen die Initiatoren aber die Augen.
Auch hinsichtlich der finanziellen Folgen des Bürgerentscheids verschleiern die Initiatoren die Sachlage. Wenn nicht im September beim Land die erforderlichen Unterlagen eingereicht werden, wird die Möglichkeit, 130 Mio. € Zuschuss vom Land Niedersachsen zu bekommen, platzen. Angesichts der finanziellen Lage des Landes und der beabsichtigten Umstrukturierungen im Gesundheitswesen, über die der Landtag gerade diskutiert, wäre es fatal, diese einmalige Chance ungenutzt verstreichen zu lassen.
Wie geht es weiter, wenn der Bürgerentscheid nicht zulässig ist?
Stimmt die Mehrheit beim Bürgerentscheid mit „Nein“ oder wird die vorgeschriebene Anzahl von „Ja“-Stimmen nicht erreicht, dann gilt der Kreistagsbeschluss vom 26. Juni 2020 weiterhin.
Wie vom Kreistag beauftragt, kann dann die Heidekreis Klinikum gGmbH die Realisierung des beim Architektenwettbewerb ausgewählten Entwurfs für den Klinikneubau vorantreiben. Die erforderlichen Unterlagen können dann rechtzeitig beim Land Niedersachsen eingereicht werden, um die Förderung durch rd. 130 Mio. € zu erhalten. Parallel dazu wird die Stadt Bad Fallingbostel ihre Bauleitplanung forcieren, um auch hier alle erforderlichen Voraussetzungen zu erfüllen.
Welche Auswirkungen hat der Bürgerentscheid auf die medizinische Versorgung im Heidekreis?
Die vorherigen Antworten haben klar gemacht: Beim Bürgerentscheid geht es nicht nur darum, ob das Krankenhaus in Bad Fallingbostel oder in Dorfmark gebaut wird – es geht hier grundsätzlich darum, ob überhaupt ein modernes Gesamtklinikum entsteht.
Kommt es aber nicht zum Neubau eines Gesamtklinikums, dann wären die Folgen fatal. Denn die beiden kleinen Standorte in Walsrode und Soltau dürften längerfristig kaum überlebensfähig sein. Statt ein modernes, leistungsfähiges Gesamtklinikum zu haben, könnte es dann dazu kommen, dass sich die medizinische Versorgung erheblich verschlechtert.
Welche Haltung nimmt die Stadt Bad Fallingbostel im Bürgerentscheid ein?
Der Stadt Bad Fallingbostel geht es vor allem darum, für unseren Heidekreis das nach intensiven Vorarbeiten entwickelte zukunftsfähige Gesamtkonzept für eine bestmögliche medizinische Versorgung umzusetzen. Kernbestandteil ist der Neubau des Heidekreis-Klinikums am von den Gutachtern ausgewiesenen optimalen Standort F4. Die Gremien der Stadt Bad Fallingbostel haben mit der dafür erforderlichen Bauleitplanung begonnen und einem städtebaulichen Vertrag mit der Heidekreis-Klinikum gGmbH zugestimmt.
Leider hat sich gezeigt, dass es gegen den Standort Bad Fallingbostel im Nordkreis Vorbehalte gibt. Hier werden wir noch viel Aufklärungsarbeit leisten müssen. Es ist nun mal nicht so, dass derart wichtige Standortfragen nur unter einem einzigen Gesichtspunkt wie dem einer wie auch immer zu definierenden geographischen Mitte getroffen werden können. Deshalb wurden intensive Abwägungsüberlegungen angestellt. Es kann nur davor gewarnt werden, von dem auf dieser Basis gewonnenen Ergebnis abzuweichen, denn dann bestünde die große Gefahr, dass es letztlich gar keinen Krankenhausneubau gibt.
Die Stadt Bad Fallingbostel respektiert das demokratische Instrument des Bürgerentscheids. Das hat sie bereits 2019 gemacht, als in Bad Fallingbostel ein Bürgerentscheid zur „Neuen Mitte“ die vom Rat beschlossenen Pläne für eine Neugestaltung des Areals von Kurhaus, Sebastian-Kneipp-Platz und Leiditz-Immobilie stoppte.
Wie beim damaligen Bürgerentscheid nimmt die Stadt aber auch jetzt ihr Recht wahr, die einstimmig gefassten Beschlüsse ihrer Gremien zum Klinikneubau am Standort F4 in Bad Fallingbostel zu erläutern und sich für ihre weitere Realisierung einzusetzen. Angesichts der erheblichen Nachteile, die ansonsten für den ganzen Heidekreis zu erwarten sind, wirbt die Stadt dafür, beim Bürgerentscheid mit „Nein“ zu stimmen. Denn nur mit „Nein“ kann der Bau des neuen Klinikums in Bad Fallingbostel und die Umsetzung des Gesamtkonzepts für eine bestmögliche medizinische Versorgung im ganzen Heidekreis gesichert werden.