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Datum: 01.02.2023

Archivalie des Monats Februar 2023: Die Gaststätte »Der Amtshof«

Als es weder Radio und Fernsehen noch das Internet und die sozialen Medien gab, wurden abends oftmals Wirtshäuser aufgesucht, um im Kreis von Arbeitskollegen, Freunden und Bekannten die Freizeit zu verbringen. „Der Amtshof“ in der Vogteistraße war bis Mitte der 1980er-Jahre eine bekannte Gastwirtschaft in Fallingbostel.

Bild vergrößern: Gaststätte und Restaurant "Der Amtshof" Mitte der 1970er-Jahre
Gaststätte und Restaurant "Der Amtshof" Mitte der 1970er-Jahre

Seinen Namen erhielt „Der Amtshof“ aufgrund seiner Lage. Er befand sich direkt gegenüber dem Ensemble von Sparkasse und Gemeindeverwaltung sowie dem vom Landkreis als Bürogebäude genutzten Bau, die einen großen Platz umrahmten, der als „Amtshof“ bezeichnet wurde. Heute befinden sich hier das Rathaus und das LSH-Gebäude, die einen Parkplatz und den Rathausinnenhof in vergleichbarer Weise umgeben.

Bild vergrößern: Luftbild des Bereichs zwischen dem "Alten Hof" und der Gaststätte "Amtshof" Mitte der 1950er Jahre
Luftbild des Bereichs zwischen dem "Alten Hof" und der Gaststätte "Amtshof" Mitte der 1950er Jahre

Über die Entstehung der Gastwirtschaft liegen leider keine genauen Angaben vor. Die ersten Betreiber könnten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Hermann und Ilse Christine Marie Becker, geborene Bremer, gewesen sein. Damals lautete der Straßenname noch „Celler Straße“, die erst mit der Anlegung des Truppenübungsplatzes, die die direkte Verbindung in die ehemalige Residenzstadt unterband, Mitte der 1930er-Jahre in „Vogteistraße“ umbenannt wurde.

1878 erwarb den „Der Amtshof“ dann Fritz Schlimm, dessen Familie bereits einige Jahre das Haus gepachtet hatte, von Marie Dreyer. Wegen seiner Lage war „Der Amtshof“ immer eines der bevorzugten Lokale Fallingbostels. Die Beamten und Angestellten der Amtsvogtei verkehrten hier und an den Sonntagen standen die Kutschwagen der Bauern, die mit ihren Familien auch aus den Nachbarortschaften zur Kirche kamen, auf dem Hof. Beim großen Brand Fallingbostels im Jahr 1893 wurde auch „Der Amtshof“ ein Opfer der Flammen. Doch schon bald wurde er wieder aufgebaut. Dabei erhielt er die Gestalt, die auf manchen Postkarten festgehalten wurde.

Wie viele andere Pensionen, Hotels und Gaststätten wurde auch „Der Amtshof“ 1945 von den Briten beschlagnahmt. Drei Jahre später konnte er aber wieder eröffnet werden. Gern wurde „Der Amtshof“ für Zusammenkünfte genutzt. Die „Walsroder Zeitung“ berichtete am 20. Dezember 1949, dass in seinem festlich geschmückten „Messesaal“ 29 kriegsvertriebene Gewerbetreibende aus Fallingbostel und Oerbke an kleinen Ständen, „alles, was der Weihnachtsmann immer nur bescheren kann“ anboten. Ein halbes Jahr später war in der „Walsroder Zeitung“ am 20. Mai 1950 zu lesen, dass der Saal des „Amtshofs“ die große Zahl der teilweise von weither angereisten Umsiedler aus der Heidmark nicht fassen konnte, die zu einem Treffen am Himmelfahrtstag nach Fallingbostel gekommen waren. Vier Monate später sprach laut Bericht der „Walsroder Zeitung“ vom 4. September 1950 Hellmut Gossing im Saal des „Amtshofs“ vor den Delegierten, die zum „Ostdeutschen Heimattreffen“ des „Zentralverbands vertriebener Deutscher“ (ZvD) in die Kreisstadt gekommen waren. Und auch die Kyffhäuserkameradschaft Fallingbostel beging die Feierstunde anlässlich ihres 80. Gründungstag im „Amtshof“ („Walsroder Zeitung“ vom 13. September 1955).

Bald danach wechselten die Betreiber: 1957 pachteten Hans Mappes und seine Frau den „Amtshof“. Mappes war geborener Friese. Lange Jahre fuhr er auch als Stewart und Koch zur See. Bevor er den „Amtshof“ übernahm hatte er zuletzt, wie die „Walsroder Zeitung“ am 15. November 1957 mitteilte, „in ersten Häusern“ in Köln, Goslar und Hannover gearbeitet. In Hannover war er als Geschäftsführer von Restaurationsbetrieben tätig, unter anderem auch auf den Messen. Mappes machte den „Amtshof“ auch zu einem Speiselokal. Dafür wurde der „Amtshof“ renoviert, wobei die vertraute Fassade weitgehend unverändert blieb. Was neu geworden war, stellte die „Walsroder Zeitung“ ihrer Leserschaft im gleichen Artikel vor, in dem auch Hans Mappes porträtiert worden war:

„Von außen sieht man der Gaststätte kaum an, wie sehr sie ihr Gesicht geändert hat. Zwar wurde der Eingang in das Gebäudeinnere verlegt, und die Fenster der Gaststätte sind bleiverglast und mit Wappen verziert: im Gebäudeinneren jedoch wurde ganze Arbeit geleistet. Dieser Wandel ist bereits erkennbar, wenn man die Gaststube betritt. Sowohl das vordere Gastzimmer als auch das dahinter liegenden, durch einen Klinkerrundbogen verbundene kleinere Gastzimmer sind sehr geschmackvoll und anheimelnd als altdeutsche Bierstuben eingerichtet. Alles zeugt von solidem Geschmack.

Links von dem Eingang befindet sich das Teezimmer, dahinter das Restaurant und Sitzungszimmer. Beide Räume sprechen sehr an. Sie sind mit modernen und bequemen Möbeln eingerichtet, die Wände haben freundlich-helle Farben und am Abend schaffen geschmackvolle Lampen und Leuchten eine warme Atmosphäre. Obwohl die Einrichtung in Form und Farbe neuzeitlich ist, atmet alles Gediegenheit. Das gilt auch für den Saal. Er hat sich – das werden Fallingbostels Vereine gern hören – so sehr zu seinem Vorteil verändert, daß er kaum wiederzuerkennen ist. Er ist in sehr angenehm berührenden Pastelltönen gehalten (die Decke rosa, die Stirnwände graublau und die Türen rot und grau); die Fenster zur Hofseite erhielten eine neue Form, und der Saaleingangstür gegenüber erhebt sich ein Ofen, der kaminartig ummauert ist. Außer durch zahlreiche Wandlampen kann der Saal jetzt auch durch einen modernen, zehnflammigen Kronleuchter erhellt werden.“

Bild vergrößern: Postkarte mit Abbildung der verschiedenen Räume der Gaststätte "Der Amtshof"
Postkarte mit Abbildung der verschiedenen Räume der Gaststätte "Der Amtshof"

Im Laufe der Jahre gab es dann weitere Eigentümerwechsel, denn die im Auftrag von Waltraut Rudy als Inhaberin herausgebrachte Postkarte, die einen Eindruck vom Inneren des „Amtshofs“ gibt, trägt auf dem Exemplar im Stadtarchiv Bad Fallingbostel einen Stempel, der Konrad Hoppe als neuen Inhaber ausweist.  

Da die Gaststätte „Amtshof“ gegenüber des Rathauses lag, taucht sie auf vielen Fotografien auf, wenn der dortige auch als „Amtshof“ bezeichnet Platz und die Vogteistraße für größere Veranstaltungen genutzt wurden. Insbesondere die REME, die britische Partnereinheit der Stadt Fallingbostel, stellte sich hier zur Feier der ihr 1981 verliehenen Stadtfreiheit („Freedom of the Town“) auf.

Bild vergrößern: Anlässlich der Verleihung der "Stadtfreiheit" - "Freedom of the Towm" - haben sich 1981 Soldaten der Partnereinheit REME vor dem Amtshof aufgestellt
Anlässlich der Verleihung der "Stadtfreiheit" - "Freedom of the Towm" - haben sich 1981 Soldaten der Partnereinheit REME vor dem Amtshof aufgestellt

Als Mitte der 1980er-Jahre die Vogteistraße umgestaltet wurde, schlug neben „Filters Gasthof“ und dem „Café Lanzendorf“ auch für den „Amtshof“ die letzte Stunde. Im Herbst 1987 wurde „Der Amtshof“ abgerissen. Auf den Grundstücken des „Amtshofs“ und des „Café Lanzendorf“ entstand ein Komplex, in den die Kreishandwerkerschaft und das Katasteramt einzogen, der aber auch Geschäfts- und Praxisräume sowie ein Restaurant umfasste.

Bild vergrößern: Abriss des "Amtshofs" im November 1987
Abriss des "Amtshofs" im November 1987